Ich arbeite schon viele Jahre im ambulanten Pflegedienst.

Tag für Tag, Nacht für Nacht sehe ich, was Sie nicht sehen, sehr geehrte Politiker.

Vielleicht sehen Sie es – aber Sie handeln nicht.

Denn das Gesundheitswesen in Deutschland steht nicht mehr am Limit.

Es fällt bereits in den Abgrund.

Immer mehr Pflegedienste melden Insolvenz an.

Krankenhäuser schließen – nicht weil sie überflüssig sind, sondern weil sie wirtschaftlich nicht überleben dürfen.

Pflegeheime reduzieren Personal, weil sie anders keine Chance mehr haben, sich über Wasser zu halten.

Und mittendrin: Patienten, die vergessen werden.

Sterben.

Leiden.

Alleingelassen.

Und wir, die Pflegenden, die Helfenden, die Versorgenden – wir kämpfen. Aber wir brennen aus. Erkranken dadurch oft selbst.

Laut Techniker Krankenkasse (TK) ist die Zahl der gemeldeten Behandlungsfehler so hoch wie nie zuvor.

Ein Rekord, den niemand feiern will.

Denn hinter jeder Zahl steht ein Mensch –

ein Mensch, der durch ein System fällt, das Sie mit verwalten, sehr geehrte Politiker.

Ich erlebe es täglich:

Patienten werden entlassen – teilweise ohne Medikamente, ohne Verbandmaterial, ohne Arztbrief.

Insulinpflichtige Diabetiker ohne Spritzen.

Wundpatienten ohne Kompressen.

Und am Freitag Nachmittag? Kein Arzt erreichbar. Keine Chance auf ein Rezept.

Und wer länger nicht beim Arzt war, wird vom System fallengelassen, als wäre er noch nie krank gewesen.

haben Sie mal den Notruf 112 gewählt?

Fragen Sie mal eine Mutter, die minutenlang in der Warteschleife hängt, während ihr Kind Krampfanfälle bekommt.

Oder eine Ehefrau, deren Mann blutend zusammenbricht, während sie eine Stimme aus der Leitung auffordert, doch bitte zu warten.

Was glauben Sie, wie sich das anfühlt?

Das ist alles keine Theorie.

Das ist längst Alltag.

Ein Alltag, den Ihre Reformen, Ihre Prioritäten und Ihre Ignoranz mitgestalten.

Wir erleben einen Exodus im Gesundheitswesen –

weil sich Pflege nicht mehr lohnt,

weil Bürokratie uns erdrückt,

weil menschliche Nähe durch kalte Effizienz ersetzt wird.

Sie reden gerne über Studien, Zahlen, Modelle.

Wir Pflegekräfte reden über Menschen.

Über unsere Patienten.

Über unsere Mitarbeitenden.

Über unsere Ohnmacht.

Wir brauchen keine neuen Gremien.

Wir brauchen keinen Gesundheitsminister, der sich als Talkshow-Dauerabo versteht oder in Technik investiert.

Wir brauchen Hilfe. Und zwar sofort.

Hilfe für Patienten, die sicher und würdevoll versorgt werden wollen.

Hilfe für Pflegekräfte, die wieder Luft zum Atmen brauchen.

Hilfe für ein System, das nicht länger krankgespart werden darf.

Sehr geehrte Politik, hören Sie endlich auf, in Zahlen zu denken –

und beginnen Sie zu fühlen.

Denn unser Gesundheitswesen ist nicht mehr „krank“ –

es ist schon längst am Verbluten.

Und wenn Sie jetzt nicht handeln, dann klebt dieses Blut auch an den Händen Ihrer Politik.

Quellen:

15 Jahre Berufserfahrung, davon 6,5 Jahre Pflegedienstleiterin.

https://www.aerztezeitung.de/Politik/TK-registriert-mehr-als-6400-Behandlungsfehler–458021.html

https://www.aok.de/pk/magazin/cms/fileadmin/pk/pdf/faktenbox-behandlungsfehler.pdf

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