Nun war ich kurz davor, die Feuerwehr oder Polizei zu rufen, weil ich nicht wusste, was ich noch hätte tun sollen?! Das Pflegebett kam auch einfach nicht an, sonst hätte ich meinen Vater einfach entführt.

Ich höre seine Lunge aus 4m Entfernung rascheln, weswegen ich sofort den Arzt darauf hingewiesen habe und wieder erhielt ich nur eine Antwort:,,Die Lunge ist frei.“

Papa ging es heute sehr schlecht, er wollte nicht mal raus aus seinem Bett. Also verbrachten wir Stunden im Zimmer. Ich schätze nach der Diskussion mit dem Arzt, sind so ca. 1,5 Stunden vergangen bis meine Mutter sich erschreckte und auf Papa seinen rechten Arm zeigte. Ich sah den Arm an und dachte mir nur wieder, dass kann einfach alles nicht wahr sein!!! Thrombose im Arm. Da fiel mir wieder ein, wie wir hier vorhin angekommen sind und der Ständer auf dem Beutel stand…..

Ich drückte wütend und in voller Sorge die Notklingel. Eine von den Schwestern betrat das Zimmer. Ich zeigte ihr den Arm. Der Arzt hat natürlich schon Feierabend, weshalb sie den Verdacht auf Thrombose an den zuständigen Arzt, aus dem Nachtdienst weitergeleitet hat. Es hieß dann, dass der Arzt eine kurze Übergabe macht und dann gleich kommt, er weiß Bescheid.

Nach 4 ganzen Stunden, hat der Arzt es dann endlich mal geschafft, zu uns besorgter Familie zu kommen. Er trat in das Zimmer ein, während er schon, in einem unfreundlichen Ton los geredet hat:,,Ich sage gleich, ich kenne den Patienten hier nicht, ich bin der Nachtdienst-Arzt.“ Ich erklärte die Situation und das wir Angst haben, dass die Lunge so raschelt, zeigte ihm den Arm. Er schaute maximal 3 Sekunden auf den Arm und äußerte:,,Ja, ist vermutlich eine Thrombose, er bekommt ja alles und um die Lunge abzuhören, dafür sehe ich keine Notwendigkeit. Tschüss”. ??

So wird man dann da stehen gelassen. Mama und ich müssen meinen besorgten Vater alleine zurück lassen und fuhren schon fast mitten in der Nacht wieder heim. Da ich vegan lebe und nie wusste wie lange ich täglich bei Papa bin, nahm ich mir immer Brote mit. Nur aas ich, wenn überhaupt die Hälfte. Oft kam ich im Krankenhaus an und mein Vater hatte Hunger, denn man hatte vergessen ihm sein Essen zu bringen und so habe ich ihm dann mein Essen gegeben, was mir eh lieber war. Er wollte sich nicht beschweren, denn die Angst jemand könnte dann gemein zu ihm sein, war bei ihm zu groß und das musste ich akzeptieren.

Papa erhielt jeden Tag Besuch. Zahlreiche Freunde oder die Familie waren zu Besuch. Mein Vater ist ein sehr offener und ehrlicher Mensch und hat für die Menschen bei uns im Kiez immer gerne und viel getan. Selber war er auch in Vereinen und wir sind oft mit vielen unserer Bekannten verreist. Das hat auch immer viel Spaß gemacht und hat uns zu einer riesigen Familie wachsen lassen.

Ich bin sehr dankbar, so viel Liebe und so tolle Menschen zu kennen und bin stolz, dass mein Vater ein wundervoller Mensch gewesen ist. Oft wäre ich im Krankenhaus gerne zusammen gebrochen und nicht selten kam genau dann einer seiner Kumpels rein, in dessen Armen ich mich kurz fallen lassen konnte und wieder Sicherheit fand.

Nebenbei versuchten wir alles, um endlich ein Pflegebett und einen Rollstuhl nach Hause zu bekommen.

Papa musste nun, mal wieder, operiert werden. Seine OP- Narbe ist wieder aufgegangen. Ich wollte Papa an die Bettkante setzen, was schon sehr schwer ist, wenn ein Mensch 0% Rücken-Stabilität besitzt und dabei stellte ich mal wieder fest, dass sich eine riesige lache aus Blut und Wundwasser  im Bett befand. Also zog ich das Shirt aus, drückte die Klingel und stellte das Bett auf Rückenhöhe, legte und drehte Papa auf die linke Seite, damit die Schwester gleich den Verband wechseln kann und nicht noch alles vorbereiten muss. Wir standen dann zu zweit hinter meinem Vater, denn ich hab denen ja immer geholfen, weil ich weiß wie stressig dieser Job ist und was für ein Zeitdruck herrscht, was aber definitiv keine Berechtigung für all dessen Wahnsinn ist, der im Gesundheitssystem abgeht. Als die Schwester das Pflaster abzog, fiel ich gedanklich wieder in eine Ohnmacht. Die Naht war völlig offen und man konnte mehrere cm in den Rücken meines Vaters gucken.

All das ist nur so, weil immer mehr gespart wird. Sie sparen sogar an den Putzkräften. Auf der Intensivstation war eine super liebe Putzfrau, sie lächelte immer jeden ganz freundlich an, was unheimlich niedlich war. Doch sie hat kein Deutsch verstanden und nicht mal verstanden, als ein Notfall eingetreten ist und die Ärzte sie gebeten haben mit dem Putzen aufzuhören. Sie nickte immer nur ganz freundlich und lieb grinsend und schwang den Wischer weiter hin und her.

An der Wand im Kranken-Zimmer meines Vaters war eine Lampe angebracht. Auf dieser Lampe war eine dicke Staubschicht zu sehen. Was mir deutlich zu verstehen gab, dass es eine gründliche Reinigung hier vermutlich nicht gibt. Ich schrieb mit meinem Finger Sau auf die Lampe und meinte zu Papa, mal sehen wie lange das hier steht. Es stand bis zum Ende da!!!

Sind uns Spar-Maßnahmen all das wirklich Wert? Wollen wir das jetzt immer so weiter machen? Immer mehr sparen? Immer weiter wegsehen? Ich möchte das irgendwie nicht. Unsere Generation wird das Glück haben, von Robotern versorgt zu werden. Für mich ist das allerdings eine große Horror-Vorstellung.

Fortsetzung folgt 
Ende Teil 5

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