Nach dem mein Vater nun verstorben war, entstand für uns die Frage, wie mein Vater denn eigentlich beerdigt werden möchte, denn niemand wusste es. Gemeinsam als Familie haben wir beschlossen meinen Vater in der Ostsee zu Beerdigen. Das ist für uns alle eine neue Erfahrung gewesen. Wir beschlossen es, weil Papa gern gereist ist und so nochmal reisen konnte. Auch das Meer hat er geliebt. Papa war viel surfen und verbrachte viel Zeit auf der Ostsee. 

Ich musste, ich glaube es war im März diesen Jahres, zur medizinischen Begutachtung. Ich war dort nur wenige Minuten und führte ein Gespräch mit einem Arzt vom MDK. Ich schilderte die aktuelle Situation mit meinem Vater und die entstandenen Komplikationen. Daraufhin gab er mir eine Bestätigung, dass ich weiterhin krank sein darf. Und ich hatte mich noch gefreut, wie ,,problemlos“ diesmal alles lief.

Nach dem Tod von Papa, bekamen wir “nette” Rechnungen vom Sanitätshaus und durften dann über 1000€ für ein nicht benutztes Bett bezahlen. Papa seine eine Uhr ist verschwunden, weshalb ich im Krankenhaus anrief und erhielt die Antwort der Pflegedienstleitung: ,,für Wertsachen tragen wir keine Verantwortung“. 
Nach diesem Spruch wäre ich am Liebsten durch das Telefon gekrochen und die restlichen Gedanken spare ich mir lieber. Ich explodierte. Für was habt ihr denn Verantwortung??? Für eure Patienten ja scheinbar auch nicht, ich werde das Krankenhaus verklagen und beendete das Gespräch.

Während der gesamten Zeit habe ich telefonisch versucht meiner Mitwirkungspflicht bei der Krankenkasse nach zu gehen und mich um einen Termin bei einem Psychologen zu bemühen, verblieb jedoch erfolglos. Meine mir zustehenden Leistungen der Krankenkasse erhielt ich erst 4,5 Monate später. Nach dem Tod meines Vaters ging ich in Berlin Tegel,  zur Krankenkassen-Filiale und fragte, ob sie mir eventuell  helfen können, weil ich keinen Termin bei einem Psychologen bekomme.

Daraufhin hab ich eine Telefonnummer von ihnen erhalten, die ich anrief. Ich bekam dann einen Termin, bei einem Psychologen. Wenige Tage später erhielt ich ein Schreiben der Krankenkasse, dass sie mir das Krankengeld streichen, weil ich meiner Mitwirkungspflicht nicht nachgegangen bin und mich seit März nicht gemeldet habe. Ich nahm mal wieder wütend das Telefon, atmete tief ein und rief dort an. Sie teilten mir mit, dass ich unter Psychosen leide und Medikamente benötige, deshalb brauche ich ein Psychiater und keinen Psychologen. Das steht alles ausdrücklich im Gutachten vom MDK, wo ich war. Da mein Termin bei einem Psychologen ist und nicht bei einem Psychiater der studiert hat und Medikamente verschreiben kann, gehe ich meiner Mitwirkungspflicht nicht nach. Super!

Im engsten Kreise beerdigten wir nun ehrenvoll meinen Papa in Warnemünde. Trotz der traurigen Umstände war es eine wundervolle und schöne Beerdigung und ich denke Papa wäre sehr zufrieden gewesen. 

Wir alle schliefen in Markgrafenheide, denn niemand hätte an diesem Tage unter all den Umständen die weite Strecke nach Berlin fahren wollen. Am Nächsten morgen ging ich ganz früh schon raus, es war noch fast dunkel und lief zum Strand. Da angekommen sah ich etwas rotes, mehre helle und rote Teile liegen. Innerlich fluchte ich wieder kurz, scheiß Plastik! Da ich, wenn ich es sehe, dann auch aufsammle, lief ich auf die Teile zu und stellte plötzlich fest, dass es gar kein Plastik ist, sondern es waren die Rosenblätter, die wir hinter der Urne, ins Wasser geworfen haben. 
Papachen hat ,,Danke“ gesagt. Ich weinte und sammelte sie dabei alle ein und zeigte sie dann freudig allen.

Wieder in Berlin angekommen sollte ich mir laut der Krankenkasse nun einen ,,Dringlichkeits-Code“ besorgen. Mit diesem Code bekomme ich dann schnell einen Termin, bei einem Psychiater. Ich wies mehrfach daraufhin, dass ich kein Psychiater benötige aber ging dem nach und fuhr zu meinem Arzt der dummerweise genau jetzt im Urlaub ist und eine Ärztin ihn vertritt. Dieser Ärztin schilderte ich die aktuelle Lage. Ich kannte die Frau schon von den letzten Jahren und hatte mehrmals mit dem Arbeitsgericht zu tun, weshalb ich öfter mal krank war und deswegen schon öfter auf sie gestoßen bin. Sie war “richtig pampig” zu mir und “keifte mich an”, mit mir stimmt was nicht. Ich kann nicht immer Fehler im Gesundheitswesen sehen. Ich habe irgendwelche Psychosen und das muss schleunigst geklärt werden. Ich dachte ich falle gleich vom Stuhl. Echt klasse. Die Gesellschaft stempelt mich als irre ab, Freunde, Verwandte, der Gutachter, die Krankenkasse …

Jetzt muss ich echt beweisen, dass ich nicht irre bin. Echt super. Ich schrieb meiner Krankenkasse ein Schreiben, hing aus dem Grundgesetz, Artikel 1 an und fügte hinzu, wenn sie mir jetzt nicht helfen, meinen Termin bei dem Psychologen gewährleisten und mir meine zustehenden Leistungen nicht gewähren, dann verklage ich sie. 
Plötzlich hörten sie mir zu, führten ein 30 minütiges Telefongespräch mit mir und gewährten mir meinen Termin und zahlten mir meine Leistungen.

Mein ehemaliger Chef versicherte mir zu Beginn der Erkrankung meines Vaters, dass er Verständnis hat. Doch auch dieser machte nur Druck, wann ich denn endlich arbeiten komme. Nach dem Motto, ist dein Vater endlich Tod, na dann hab dich mal nicht so. Arbeiten, arbeiten, arbeiten. Fühlen darf der Mensch nicht. 

Ich musste meine Termine bei dem Psychologen wahrnehmen, erzählte ihm mein Leben, meine eigene Diagnose. Sagte ihm was meine Probleme sind. Wir haben dann Atemübungen gemacht, Meditation und Entspannungsübungen. Mein Hausarzt und der Psychologe bestätigten mir, dass ich weder Psychosen noch Medikamente benötige und seit dem habe ich Ruhe und weiß endlich, ich bin nicht verrückt. Jedenfalls nicht ernsthaft krankhaft. Ich frage mich nun nur, wie viele Menschen wohl eigentlich keine Psychopharmaka benötigen und sie dennoch erhalten, weil man in Deutschland nicht mehr fühlen darf. Der Mensch fühlt Trauer, Angst, Wut und Freude und das ist gut so. Man ist doch nicht immer gleich gestimmt und muss das auch nicht sein. 

Schwach sein darf jeder, wichtig ist, dass man wieder aufsteht und sich nicht hängen lässt. Man kann immer die negativen Dinge fokussieren, man kann aber auch in allem das Positive fokussieren.

Oft bin ich traurig wegen meines verstorbenen Vaters, denke dann aber welch Glück ich hatte. Manch einer hat nie einen Vater oder nicht so einen tollen Papa, sondern wird vielleicht sogar von seinem Vater geschlagen oder gedemütigt. So was hab ich nie erlebt und ich war schlimm! Leider muss ich mich schämen, da es Zeiten gab, in denen ich meine Eltern nicht zu schätzen wusste und es tut mir für mein Leben leid. 

Ich weiß das mein Vater immer alle glücklich machen wollte und deswegen versuche ich glücklich und zufrieden zu sein. Ich habe aber oft Momente, wo ich einfach weinend zusammen breche und Videos in meinem Kopf ablaufen, aus unserer gemeinsamen Zeit, aus dem Krankenhaus und wie leid es mir tut. Ich weiß, dass ich stolz auf mich sein kann und fühle mich trotzdem als Versagerin, denn mein Versprechen musste ich brechen und ich hab es nicht geschafft, meinen Vater aus dem Krankenhaus zu holen. 
Dennoch weiß ich, ich hab das Bestmögliche versucht und alles gegeben, bis zum letzten Atemzug. Deswegen kann ich damit ganz gut umgehen. Die Frage was wäre wenn ich das und das getan hätte, die stelle ich mir nicht. Denn ich hab alles, wirklich alles probiert und dabei nie die Gefühle aller vergessen. Papa war durch meine liebevolle Fürsorge schmerzfrei und nicht allein. Hat in meine Augen schauen dürfen, als er so eine Angst hatte, statt in fremde. Ich bereue keine einzige Minute davon und würde es immer wieder tun.

4 thoughts on “Was geschah nach dem mein Vater verstorben ist?

    1. Hey vielen lieben Dank. Ich spüre es auch, wünschte trotzdem ich könnte ihn umarmen und seine strahlenden Augen sehen. Zu dir muss ich bald mal kommen ?

  1. Hey! Ich sitze in der S-Bahn auf dem Weg nach Hause, lese Deinen Blog und kann die Tränen nicht unterdrücken! Ich habe Deinen Vater gut gekannt. Es war 1993! Ich hatte beim Anwalt über seiner Werkstatt angefangen zu arbeiten und ein ziemliches Schrottauto! 🙂 20 Jahre lang hatten Achim und sein Team alles gegeben, um mir mein Auto pünktlich zum Feierabend wieder übergeben zu können. Auch wenn ich mal knapp bei Kasse war, war das nie ein Thema für ihn! Ich bin unendlich traurig, dass es wieder einen so liebenswerten und positiven Menschen getroffen hat! Ich habe selbst vor vielen Jahren erst meinen Schwiegervater und dann meinen Vater verloren und weiß, dass immer ein Teil fehlen wird. Ich wünsche Dir und Deiner Familie ganz viel Kraft in dieser schweren Zeit! Liebe Grüße Bianca Wenzel (“K”)

    1. Vielen lieben Dank für deine lieben Worte und dein Mitgefühl. Fühl dich mal mental gedrückt. Liebe Grüße

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